Feldzug-Teilnehmer gegen Frankreich  

Niederschelder Einwohner berichten aus 1870/71



Aus Tagebuch, geführt von Brunnen- und Pumpenmacher, August Menger, 1856 bis 1907:

"1870 im Frühjahr ein Nordlicht am Himmel, des Abends neun Uhr,
dass der halbe Horizont wie in großem Feuer schwimmend erschien und hielt über 1 Stunde an.


Sehr kalter Winter, wenig Schnee. Spätes Frühjahr, trocken, sehr große anhaltende Trockenheit,
verbunden mit furchtbarer Hitze im Monat Mai, Juni, und Juli, nur einmal ein vorüberziehender Gewitterrregen,
der aber nur auf den Kartoffeln- und lockeren Ackerland beiweichte, bis es endlich am 30. Juli wieder anfing zu regnen.
Heu sehr mangelhaft, so dass der Centner auf der Wiese mit zwei Thalern bezahlt wurde.
Fast keinen Klee und Grünfutter, das allenhalben im Frühling erfroren.-

Da erscholl durch ganz Deutschland Krieg, welcher durch die Franzosen ohne allen gerechten Grund hervorgerufen wurde.
Truppentransporte hierdurch auf der Bahn, vom 29.ten Juli an Berliner, Brandenburger und aus Schleswig-Holstein.
Den Tag über meistens 16 Züge, alles nach Coblenz, von da nach der Franzosen-Grenze - 80.000 Mann.

Da kein Güterzug mehr gehen konnte und kein Eisenstein- und Kohlentransport mehr stattfand,
hatte dieses zur Folge, dass Puddel- und Walzwerke eingestellt wurden".

Ausschnitt aus Aufzeichnungen von Bürgermeister Johann Henrich Pfeifer, 1843-1871:

" Als am Neujahrstag 1870 gesungen wurde: - wieder ist ein Jahr vergangen -
und wieder eins hat angefangen, da ahnte gewiss niemand,
was sich in diesem und darauf folgenden Jahr auf politischem Gebiet entwickeln
und das dadurch ein großartiger Krieg entstehen würde.

Mit Grauen sah ein jeder den Truppen nach, welche wohlgemuth dem Feindesland zueilten,
denn man wusste recht gut, dass Deutschlands Krieger mit einem mächtigen,
nicht leicht zu schlagenden Feinde zu thun bekamen.
Nähere Details über den furchtbaren Krieg hier nieder zu schreiben,
würde zu weit führen, nur das sei noch gesagt,
dass nach der Übergabe von Paris der Friede zu Frankfurt am Main,
nachdem solcher vorerst in Versailles provisorisch abgeschlossen, ratifiziert worden.
Durch dieses große Ereignis wurde zu Anfang 1871 von den überigen Deutschen Mächten dem König von Preußen
die deutsche Kaiserkrone angeboten und auch von demselben angenommen.

Im Sommer kehrten die siegreichen Krieger, welche ihr Leben nicht auf den Schlachtfeldern
oder den Lazaretten ausgehaucht (und deren waren viele Tausende) wieder in die Heimat zurück,
wo dieselben mit großen Ehrenbezeigungen empfangen wurden.

So wurde auch hierorts am 18. Juli ein recht schönes Sieges- und Friedensfest
und im Herbst mit der Kirchweih unseren Kriegern, die den Feldzug in Frankreich mitgemacht
und alle wohlbehalten, bis auf einen, Christian Breidenstein,
welcher leicht verwundet war, ein Ehrenfest veranstaltet.
Welches nachdem Herr Pfarrer Schreiner (Dillenburg) eine recht ergreifende Festrede in der Kirche gehalten,
wohin die Krieger sowie auch hernach auf den Festplatz von den Ortsbehörden
sowie von allen patriotisch gesinnten Bürgern
und sämtlicher männlicher und weiblicher Jugend (die Schulkinder voraus) in einem festlichen Zuge begleitet,
in recht fröhlicher Weise verlief, wobei sich die ganze Gemeinde beteiligte.
Nur schade war es, dass die Witterung nicht ganz guth dazu geeignet war.
Wie gewöhnlich zur Kriegszeit der Handel und Wandel stockt,
so war dieses zwar anfangs wo die Eisenbahn fast ausschließlich zu Militärtransport verwendet,
auch fühlbar, aber sobald der Krieg und zwar zum Vorteil für Deutschland voran ging,
so war auch der Betrieb besonders der Eisengewerken umso lebhafter,
wobei die Arbeiter-Klasse tüchtig Geld verdiente.
Was die Kriegssorgen auch bei den meisten verscheuchte!"


Im Herbst 1871 haben Schelder Bürger zum Andenken an den glücklichen Friedensschluss des Deutsch-Französischen Krieges
die Friedenslinde auf dem Festplatz Kirmeswiese ("Inner Abbelware" oder auch "Ossewoase"genannt) gepflanzt.
Diese Linde war die erste nach dem Dorfe zu.
Leider wurde sie 1945 von den Bomben zerstört.
Heute ist diese Örtlichkeit als Festplatz "Unter den Linden" bekannt".

Verzeichnis der Kriegsteilnehmer des Feldzuges 1870-71:


Nach der Gedenktafel,
welche die Gemeinde zur 25 jährigen Wiederkehr des Friedensschlusses am 10. Mai 1896 in der Niederschelder Kirche anbringen ließ:

1. Alexander Breidenstein
2. Christian Breidenstein ?
3. Anton Buckard
4. Friedrich Ebert
5. Heinrich Frick
6. Wilhelm Göbel
7. Karl Grün
8. Georg Grundig
9. Heinrich Hartmann
10. Friedrich Heisenstein
11. Ferdinand Heun
12. Karl Eugen Heun
13. Christian August Hofmann
14. Heinrich Kamme
15. Friedrich Menger
16. Karl Meven
17. Adolf Nix
18. Friedrich Theodor Nix
19. Heinrich Theodor Nix
20. Julius Rompf
21. Theodor Rompf
22. Karl Scheld
23. Wilhelm Scheld
24. Karl Schneider
25. Georg Stahl
26. August Wagner
27. Karl Weber
28. Peter Weber
29. Theodor Weber
30. Peter Will
31. Heinrich Windorf
32. Heinrich Wörsdorfer

Christian Breidenstein wurde bei Orleans schwer verwundet und starb später infolge dieser Verwundung.
Doch auch die Zivilbevölkerung hatte indirekt durch den Krieg 1870/71 zu leiden.
Durch den Feldzug nach Frankreich wurden die schwarzen Pocken überraschend bis nach Nassau eingeschleppt.
Darum mussten lt. Regierungsordnung, alle Neugeborenen geimpft werden.
Sieben Neugeborene wurden damals in Scheld geimpft und davon starben 4 Säuglinge. (Nach Amalie Schmidt, Ww.)

Quelle: Chronik Niederscheld