Im Jahr 1740 hatte Niederscheld eine kleine Revolution
Der Johann Jost Preuß hatte von seinen Ureltern einen Platz in der Nähe der Kirche ererbt und wollte dorthin eine Schmiede bauen.
Die Geistlichkeit und auch die Vorsteher waren dagegen, weil der Kirchweg eingeschränkt würde
und auch ein Bau bei Feuersgefahr hinderlich wäre.
Im Tausch erhielt der Preuß nun einen anderen Platz.
Damit war der Preuß und die übrige Gemeinde nicht zufrieden.
"Unseren Heimberger und Geschworenen stehet dieser Platz nicht an, weil sie ihren Privatnutzen dabey suchen,
sie wollen dem Preuß einen schlechten, zum Bebauen nicht geeigneten Ort anweisen".
"So hat sich befunden, dass die ganze Gemeinde, so auf sechzig Mann bestehet,
die Contraria aber nur in fünf, auf dem alten Platz bestehet".
Die Verhandlungen zwischen den Parteien scheinen wohl nicht immer ohne Krawall verlaufen zu sein,
denn der Dillenburger Amtmann verhängte nicht nur eine Strafe von 30 Gulden,
sondern verlegte auch eine militärische Exekution von einem Unteroffizier und sechs Mann ins Dorf.
Das Gesuch der Gemeinde um Erlass der Strafen gibt uns Einblick in die Lebensverhältnisse und Not der Dorfbewohner.
So entnehmen wir:
"Gnediger Herr, wenn man ferner so mit uns durch dergleichen ungerechte Urtheile
und missethäterische gewaltige Exekutionen verfahren wollte,
und daher noch dazu, der anderen bereits gehabten Unkosten ohngerechnet,
die dreißig Gulden Poen unschuldiger Weis ausgeben sollte,
müssen wir leyder Gottes bald den Bettelstab ergreifen und könnten unserer gnedigen Herrschaft nicht mehr contribuieren,
zumahl der große Gott uns anjetzo doch genug züchtiget und mit schweren Strafen heimsuchet
sodaß wir fast das liebe Brot nicht mehr in unseren Häusern haben,
unser armes Vieh auch bereits vor Hunger krepieren will, wie es leyder die tegliche Erfahrung zur Genüge lehrt.
Wegen der dreißig Gülsen Strafe würde mann lange exequieren müssen,
da wohl vierzig oder fünfzig in unserer Gemeinde so schlecht sind, dass sie keinen halben Gulden im Hause haben.
Negstdem ist das harte Vorgehen des Herrn Ambtmann, welches jedoch jederzeit mit allem Respekt gesagt sey,
wieder den klaren Buchstab des heiligen Wort Gottes, denn es heißt im Gülden ABC:
Du sollst nicht gleich richten fort, sondern hören erst des anderen Wort.
Welches der Herr Ambtmann auch nicht getan, sondern sogleich auf deren fünf ihre lügenhafte unergründliche Vorstellungen hin,
ohne die Gemeinde von sechzig Mann anzuhören, so mit Strafen vorgegangen, alß sollte die gantze Gemeinde sogleich zernichtet werden".
Ob dieses Bittschreiben an den Herrn Amtmann Erfolg hatte, ist nicht bekannt.
(Quelle: Chronik)
Zitat nach W. Nix