Niederscheld bekommt eine Schule
Das Schulwesen in Niederscheld vom 16. bis ins 19. Jahrhundert
Julius Brumm, ein Bruder des hiesigen Hauptlehrers Wilhelm Brumm (1859-1930)
schrieb in der Zeitschrift "Nassovia" u.a. über die Schelder Schule,
"dass über die Gründung nichts Genaues bekannt sei
und sie wahrscheinlich zwischen 1588 und 1594 eingerichtet worden sei,
als auch Oberscheld und viele andere Orte unserer Heimat eine Schule erhielten".
Grundlage war die Verordnung im "Kirchenkonvent von Diez 1582" :
Hier wurde erörtert, wie neben den Lateinschulen auch die deutschen Schulen (Volksschulen) einzurichten seien.
Erst die Reformation schuf die Voraussetzung für die Volksbildung.
Jeder sollte die Bibel lesen und verstehen können.
Als Lehrmaterial dienten Bibel, Gesangbuch und Katechismus.
Schreiben und Lesen gelernt wurde nach der Buchstabiermethode, Auswendiglernen, Kopfrechnen und Singen gehörten zum Unterricht.
Der Dillenburger Hofprediger und Theologe Wilhelm Zepper , geb. am 2.04.1550 in Dillenburg, gest. 20.04.1607 in Herborn,
war hier Wegbereiter und organisierte das reformierte Kirchen- und Schulwesen.
Graf Johann VI. erkannte auch die Notwendigkeit der Heranbildung des weiblichen Geschlechts,
so schreibt er am 27.05.1589: .....
"denn nicht allein Mannespersonen,
sondern auch die Weibsbilder müssten zur Furcht Gottes,
aller Zucht, Tugend und Ehrbarkeit erzogen,
daneben auch zum allerwenigsten zum Schreiben, Lesen,
wie auch sonst zu allem Guten,
welches ihnen hernachmals in ihrem Stand und Haushaltung nützlich sein mag,
mit allem Fleiß angehalten und unterwiesen werden."
Nix erwähnt, dass die Schule 1628 in den Gemeinderechnungen vermerkt sei,
in welchem der Betrag von 18 Albus erscheine, "um die ingefallenen Löcher in der Schulstuben zu flicken".
Johann Wilhelm Cuntz ist der erste uns bekannte Niederschelder Schulmeister, über sein Leben wissen wir wenig.
Erwähnt wurde er in einem Kaufvertrag Dato 17. Januar 1757 als Bevollmächtiger der Gemeinde Niederscheld
für den Kauf einer neuen Kirchenglocke .
Bekannter wurde sein Sohn: Johann Justus Cuntz, geb. 31.12.1726 zu Niederscheld,
Sohn des Schulmeisters Johann Wilhelm Cuntz, daselbst.
Studierte in Herborn Theologie. War Pfarrer in Breitscheid und ab 1778 in Bicken.
(Seine eigene Lebensbeschreibung ist veröffentlicht von E. Becker).
Als anscheinend zweiter Lehrer nach Cuntz ist Johann Henrich Schraudenbach zu nennen.
Er wurde geboren am 26.02.1738 in Bicken.
Seine Eltern waren:
Jost Wilhelm Schrautenbach, geb. 1712
und Maria Catharina Cuntz, Bicken.
"Er war 1756 Lehrer zu Neukirch, 1757 in Bretthausen, 1760 in Dillbrecht und kam am 4.11.1763 nach Niederscheld.
Hier heiratete er am 20. 01.1765 Anna Catharina.
Damals hatte der Ort 55 Familien und 60 Schulkinder.
Jede Familie leistete zur Besoldung 1 Meste Korn.
Ein Laib Brot vom Mittagsläuten und von einer Kindtaufe, Kopulation oder Begräbnis gab es 15 Kreuzer Akzidenzien (Brumm)."
Die Barbesoldung war nicht übermäßig.
Sein Vorgänger erhielt im Jahr 1762 einen Jahreslohn von 6 Gulden, 12 Albus.
Zum Vergleich die Entlohnung von Gemeindebediensteten in dieser Zeit:
Der Nachtwächter | 24 Gulden |
Der Schweinehirt erhielt als Schweinemastlohn | 10 Gulden und 2 Albus |
und erhielt als Mietpfennig | 18 Albus |
Der Hirte | 10 Gulden |
Der Heckenschütze | 10 Gulden |
Der Waldschütze und der Uhrsteller | je 5 Gulden |
Die Spatzenschützen | 2 Gulden |
Nach Eugen Kunz (Aus der Geschichte des Dorfes Eibach) hatte damals | |
1 Albus (Weißpfennig) | ungefähr 1 Groschen |
1 Florin (Silbergulden) | 2,40 Mark = 60 Kreuzer |
1 Kreuzer | 4 Pfennige |
Ertragreich war eine Dorfschullehrer-Stelle damals bestimmt nicht.
Auf Nebeneinnahmen bedacht, führte Lehrer Schraudenbach auch die Gemeinde-Rechnung.
Später scheint die Entlohnung angehoben worden zu sein.
Denn in den siebziger Jahren erhielt Schraudenbach aus Schulkapitalien 16 Gulden und 34 Kreuzer Zins
und von den Kirchenkapitalien 4 Gulden.
"Sonntags mittags wurde ihm eine Mahlzeit auf der Reihe gegeben, die 1779 aufhörte.
Von da ab zahlte die Gemeinde 14 Gulden Mahlzeitsgeld.
Die Stiftung der zum Vorteil der Schule angelegten Kapitalien beruhte auf den Individuen,
welche ohne Leibeserben mit Hinterlassung von Vermögen starben.
18 Gulden kamen gewöhnlich zum Schulfonds" (Brumm).
Die alte Schule um 1927 Foto: Frick
Der Fachwerkflügel der alten Schule scheint 1774 erbaut worden zu sein, also zur Zeit Schraudenbachs.
"1772 sind außerordentliche Einnahmen der Gemeinde zu einem Schulneubau verzeichnet" (Brumm).
1806 bekam Lehrer Schraudenbach einen Gehilfen, der sich aber mit dem Alten nicht vertrug und wieder versetzt wurde.
Im Jahr 1807 kam dann ein geborener Niederschelder und zwar der Johann Peter Nix, an die zweite Lehrerstelle.
Am 23.05.1817 ist Lehrer Schraudenbach in Niederscheld verstorben.
darüberhinaus Organist, Kantor, Musikerzieher, Komponist, Obstzüchter und Feldmesser.
Er machte die Haigerer Schulchronik zu einer erstklassigen Geschichtsquelle und stand über die Stadt hinaus im hohen Ansehen).
Sie starb am 5.10.1806 im Alter von 40 Jahren).
Zwischen 1817 und 1830 starben dem Lehrer Nix drei Kinder.
Am 12. September 1836 starb seine Ehefrau Anna Christine, geb. Zeilerin im Alter von 54 Jahren.
Am Rand hat später Pfarrer Lex eingetragen:
"Der Wittwer, Schullehrer Johann Peter Nix zu Niederscheld starb daselbst 9. August 1851 und hinterließ 6 Kinder".
Ab 1810 führte die Regierung des Großherzogtums Berg (Napoleon) den Sommerunterricht ein.
Am 24. März 1817, als unsere Vorfahren zum Herzogtum Nassau gehörten,
regelte ein Erlass der Landesregierung das nassauische Schulwesen neu.
In jener Zeit scheint auch das Führen einer Schulchronik Pflicht geworden zu sein.
"In diesem Edikt wurden auch die Schulvorstände ins Leben gerufen".
Erst von dieser Zeit an wandte man sich nicht nur an das Gedächtnis der Schüler, sondern auch an das Gemüt.
Auch nach den Reformjahren entsprach vieles noch nicht den Wünschen der Aufsichtsbehörde.
Ältere Einwohner erzählen gerne noch vom großen Stock und dem langen Lederriemen früherer Lehrer.
In August Mengers Tagebuch heißt es:
"Im Jahr 1830, den 16ten März, wurde ich geboren in Niederscheld.
Kam in meinem 6. Lebensjahr in die Schule
und erhielt Unterricht sechs Jahre durch Lehrer Nix
und nach dessen Dienstentlassung zwei Jahre durch Lehrer Schmidt."
Ein Sohn des Lehrers war wohl:
"Karl Schmidt aus Niederscheld, geb. am 4. Juni 1837 zu Herbornseelbach,
Sohn des Lehrers E. Schmidt, war Schüler des herzoglich-nassauischen Pädagogiums zu Dillenburg,
studierte Theologie, trat 1861 ins Theologische Seminar zu Herborn, wurde 1862 ordiniert.
Zuletzt Pfarrer in Westerburg.
Aus der Schultabelle des Jahres 1857/58 entnehmen wir, dass in dieser Zeit Johann August Stoll Lehrer in Niederscheld war.
Aus der Schultabelle Die Ferien sind wie folgt angegeben:
|
der insgesamt 60 Schulkinder unterrichtete.
Am 15. November 1868 kam der Lehrer Johannes Baum zu Niederseelbach,
Königlichen Amts Idstein, an die Elementarschule nach Niederscheld.
In der Anstellungsurkunde war die Entlohnung wie folgt angegeben:
Das mit dieser Stelle verbundene jährliche Gehalt,
welches derselbe vom 15. November d. J. an, in so weit es in Barem besteht,
in Quartalraten postnumerando zu beziehen hat, umfaßt folgende Besoldungsteile:
Aus der Gemeindekasse Barbesoldung | 261 Thaler | 22 Silbergroschen |
Wohnungsanschlag | 11 Thaler | 13 Silbergroschen |
Anschlag des Schulguts | 6 Thaler | 26 Silbergroschen |
Anschlag des Todenhofs | 5 Thaler | 21 Silbergroschen |
Summe | 285 Thaler | 22 Silbergroschen |
Die Schulräume hatten leider eine mangelhafte Belichtung durch die Nähe des Berges und die umstehenden Häuser.
Dies hat man leider erst von maßgebender Stelle zu spät erkannt.
Bei den Fundamentarbeiten zu dem Neubau stellte man fest, dass an dieser Stelle früher eine kleine Eisenhütte gestanden hatte.
In der Schule war auch von 1886 bis 1888 das Bürgermeisteramt untergebracht (Nix).
Zeitung für das Dillthal, 1886, Nr. 146, Samstag, den 11. Dezember:
"Nachdem der Lehrer Betz II, zu Herborn sich ohne Urlaub von seiner Stelle entfernt hat,
ist der Schulamts-Candidat Theodor Arnold von Niederscheld
mit der Vertretung zu Herborn beauftragt worden".
Ebenfalls die Zeitung für das Dillthal, Nr. 61, Donnerstag, dem 23. Mai 1889, enthält folgende Notiz:
"Lehrgehilfe Lieber zu Niederscheld ist auf Ansuchen aus dem Schuldienst entlassen
und Schulamts-Kandidat August Moses aus Griesheim mit der Versehung der Lehrgehilfenstelle zu Niederscheld beauftragt worden".
Die Nr. 87 derselben Zeitung, vom Donnerstag, den 25. Juli,
bringt bei einer Aufstellung die Namen der drei damals in Niederscheld tätigen Lehrkräfte:
Baum, Moses und Walther.
Vom 1. Oktober 1890 bis 1. Mai 1891 war der bekannte Bergschullehrer und Berufsschulleiter
sowie weithin bekannt Heimatforscher Dr. Carl Dönges an der Schule in Scheld tätig.
Am 17. September 1899 wird der Lehrer Ebenau in die Kreis-Kirchensynode gewählt.
Er ist aber schon bald danach gestorben, denn in der Kirchenvorstandssitzung am 21. Januar 1900 wird seines Ablebens gedacht.
Schulbid von 1923 (B.Höncher)
*Zur Lehrmethode bis 1800 vermerkt Brumm:
"Als Lehrbücher hatte man Hübners Biblische Geschichte, das Neue Testament und den Heidelberger Katechismus.
Das Auswendiglernen des letzteren bildete den Hauptlehrgegenstand.
Schülern, die ein Schreibbuch mitbrachten, schrieb man erst eine Reihe vor.
Singen geschah ohne Noten. Geographie und andere Lehrfächer waren unbekannt.
Die Schüler unterschied man in ABC- Buchstabier- und Leseschüler; eine Klasseneinteilung gab es noch nicht.
Es war Winterschule von Oktober bis April. Pfarrer, Heimberger und Kirchenälteste hielten Schulprüfung ab".
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* Johann Peter Schraudenbach vermählte sich am 03.01.1808 mit Christiane Johannette Reusch,
Tochter eines aus Haiger angesehenen Bürgers und Gerichtsschöffen.
Er unterrichtete bis zu seinem 72. Lebensjahr und feierte mit ganz Haiger am 17.07.1841 sein Dienstjubiläum.
Die Feier seinen "goldenen Dienstjubiläums" wurde vom Haigerer Lehrer August Hermanni dokumentiert
und ist in Karl Löbers Heftchen (IX) nachzulesen und ein Dokument ganz besonderer Art.
In der Reihe "bedeutender Haigerer" (geboren in Niederscheld) wäre er wohl gleich hinter Johann Textor von Haiger einzuordnen.
(aus Dill-Post zum Todestag von "Schraudebachs Gertrud" 1994. Da keine direkten Nachkommen,
vermachte sie ihr Vermögen nebst ihrem alten Patrizierhaus dem "geschichtlichen Arbeitskreis" der Stadt Haiger).
Quelle:
Chronik Niederscheld
Becker, Brück, Brumm, Kunz. Löber, Nix
Kirchenbücher Darmstadt