Turnverein Niederscheld  

- aus der Vereinsgeschichte -



Der Wahlspruch der Turner heißt:
Frisch, fromm, froh, frei!
Doch nicht nur der Turner sollte sich diese Worte - von unserem Turnvater Friedrich Ludwig Jahn geprägt - als Leitspruch wählen.
In das Herz eines jeden jungen Menschen, ob jung oder alt, arm oder reich, müsste dieser Wahlspruch Eingang finden.

Mit Beginn des vorigen Jahrhunderts verbreitete Turnvater Jahn seine turnerischen Ideen unter das Volk.
Seine Ideen fielen bei der deutschen Jugend auf fruchtbaren Boden.
Weit über hundert Jahre erklingt das edle Lied des Turnertums durch unser Land
und hält auch heute noch den Turnergedanken in uns wach.

Erst um die Jahrhundertwende setzte sich der Gedanke der Körperertüchtigung und Leibeserziehung in den Landgemeinden durch.
Das Turnen war nicht mehr an Bevölkerungsschichten, Berufe und größere Städte gebunden,
sondern es war zu einem Anliegen des gesamten Volkes geworden.

Im Frühjahr des Jahres 1912 wurde vom Landrat des Dillkreises ein Rundschreiben an sämtliche Gemeinden geschickt,
einen Jugendpfleger zu melden.
Unser Mitbegründer, Alexander Schäfer, wurde von der Gemeinde als Jugendpfleger gewählt.
Er besuchte unter Leitung von Sportlehrer Wirbelauer aus Kronberg einen achttägigen Jugendpfleger-Lehrgang in Dillenburg.

Durch die Initiative von Alexander Schäfer lud Bürgermeister Karl Hofmann am 5. Juli 1912
alle Interessenten zur Gründungsversammlung in den Rathaussaal ein.
Die Angaben über die Gründungsversammlung sind dem Archiv der Dill-Zeitung vom 6. Juli 1912 entnommen
und werden hier wörtlich wiedergegeben:

"Die auf gestern Abend auf das Rathaus einberufene Versammlung
zwecks Gründung eines Turnvereins war gut besucht."


Bürgermeister Hofmann eröffnete dieselbe mit einer kleinen Ansprache,
worin er Zweck und Ziel eines Turnvereins hervorhub, und forderte die Anwesenden auf,
sich recht zahlreich in eine ausgelegte Liste einzutragen, um der guten Sache zu dienen.
Es zeichneten sich darauf 34 als Mitglieder und 36 als Zöglinge ein.

Aus der Versammlung wurde ein provisorischer Vorstand gewählt, der bis zur definitiven Vorstandswahl die Geschäfte leiten soll.
Mögen noch recht viele Bürger dem Verein durch ihren Beitritt Interesse entgegenbringen,
um auch in unserem großen Industriedorf einem tüchtigen Turnverein auf die Beine zu helfen.
Gut-Heil!"

Da das Protokollbuch der Jahre 1912 bis 1935 durch die Bombenangriffe, die auf Niederscheld erfolgten, verloren ging,
stützt sich diese Aufzeichnung auf die Angaben alter Mitglieder und weiterer Nachforschungen.

Der Vorstand des neugegründeten Turnvereins 1912 setzte sich wie folgt zusammen:

1. Vorsitzender: Bürgermeister Karl Hofmann
2. Vorsitzender Lehrer Otto Finger
Kassierer: Ferdinand Ditthardt
Schriftführer: Emil Windorf
Turnwarte: Alexander Schäfer, Friedrich Buckard

In den Wochen nach der Gründung wurde bei der Bevölkerung und den beiden Hüttenbetrieben eifrig gesammelt,
um Geld für die Anschaffung der Turngeräte zu bekommen.
Unter Leitung der beiden Turnwarte begann der Turnbetrieb 1912 im Saal Held.

In den Jahren 1922/23 stand dem Verein kein Saal zur Verfügung.
Trotz großer Schwierigkeiten wurde das Vereinsleben aufrecht erhalten.
Unter Führung von Berthold Hofmann stellte der Verein 1925 eine Turner-Handballmannschaft auf.
Ab 1926 stand der Saal Held wieder zur Verfügung.
An diesem Ort lag der Grundstein dafür, dass der Verein später bis weit über die Grenzen hinaus bekannt wurde.
Im Saal Held wurde von 1926 bis 1956, also dreißig Jahre - geturnt.

1928 wurde eine Turnerinnen-Abteilung gegründet, deren Leitung Oberturnwart August Nestle übernahm.
Im gleichen Jahr erfolgte auch die Einführung des Kinderturnens unter Leitung von Erich Buckard.
Ein wichtiges Datum in der Vereinsgeschichte ist der 23. Juni 1929.
An diesem Tage fand das erste Bezirksturnfest in Niederscheld statt.
Die Vereinsfahne wurde von freiwilligen Spendengeldern gekauft, und auf dem Bezirksturnfest erfolgte die Fahnenweihe.

In den Jahren 1928 bis 1933 war das Vereinsleben sehr aktiv.
Der Turnverein besaß eine starke Vereinsriege, deren Turner bei Gautreffen gar manchen Sieg errangen.
Diese Erfolge waren der Verdienst von August Nestle, welcher als Oberturnwart dem Verein wertvolle Dienste geleistet hat.

Veranlasst durch die Bestimmungen des Dritten Reiches wurden am 1. Juni 1935 der Turnverein
und der Sportverein in den Bund für Leibesübungen zusammengeschlossen.
Während das zweiten Weltkrieges von 1939 bis 1945 kam das gesamte Vereinsleben des Turnvereins zum Erliegen.
Nach dem Krieg bemühte sich ein treuer Turnerstamm die Neugründung des Vereins zu veranlassen.
Diese fand dann am 26. August 1951 im Saal Held statt.

(aus Broschüre "50 Jahre Turnverein 1912 e.V. Niederscheld")

Turnverein
Gauturnfest (Schelder Turnergruppe)


Fotos privat
Gruppe aus der Turner-Handballmannschaft
Turnerriege in den zwanziger Jahre