Das Monzenbacher Schloss  



Das idyllische Monzenbachtal wird von Niederscheld und Herbornseelbach aus von Spaziergängern gern aufgesucht,
da es die Unberührtheit der Natur weitgehend bewahrt hat.
Wenn die Kinder im Frühling auf den Wiesen des Tales besonders schöne Schlüsselblumen pflücken,

Schlüsselblume

dann werden die im Volksmund noch lebendigen Sagen wieder wach und die Eltern erzählen vielleicht die Geschichte
von einem Schloss in der Monzenbach, aus dessen Kräutergarten diese edlen Blumen stammen sollen.

Vor rund 800 Jahren stand in der Monzenbach am "Forstrücken" ein Schloss.
Der Ritter, der mit den Seinen zufrieden und glücklich dort wohnte,
zog auf Grund seines Glaubens mit dem Laurenburg-Nassauer Grafen Walram I als Kreuzfahrer nach dem heiligen Land.
Das war der unglückliche Zug, bei dem Kaiser Barbarossa am 10. Juni 1190 im Fluss Saleph ertrank.
Später stieß noch des Grafen Vetter, Rupert III zu ihnen,
der eine Gesandtschaft Barbarossas an den Hof von Konstantinopel zu Kaiser Isaak Anelos begleitet hatte.
Gemeinsam erlebten sie den erhebenden Augenblick,
als im selben Jahr im Lager von Akkon in Palästina der Deutschritter-Orden gegründet wurde.
Im selben Jahr drauf kam Graf Rupert bei einem Streifzug um, und der Junker von Monzenbach kam in die Gefangenschaft der Heiden.
Als der Ritter nach drei Jahren nicht mit den anderen Kreuzfahrern zurückkehrte,
weinten sich seine Frau Guda und seine beiden, kleinen, kurz nach seiner Abreise geborenen Zwillingssöhne die Augen nach ihm aus.
So verging eine lange Zeit und die Erinnerung an den Ritter und Edlen Craft von Monzenbach verblasste immer mehr.
Seine Frau starb vor Gram, während man ihn als Gefangenen und Sklaven im Mohrenlande die niedrigsten Dienste verrichten ließ.
Oft dachte er in seinem Elend an die goldgelben Schlüsselblumen, die im Würzgärtlein an der Monzenbach geblüht.

Missgünstige Verwandten brachten die beiden unmündige Knaben um ihr Erbe und jagten sie schließlich aus dem Haus.
Nach unsicheren Überlieferungen haben sie sich 1212 dem Kinderkreuzzug angeschlossen,
um in der Fremde den Vater zu suchen.
Von den Kindern hat man nie wieder etwas gehört, sicher sind sie unterwegs gestorben.

Nach langen Jahren kehrte der Edelmann krank und siech in die Heimat zurück und sah endlich,
an einem frostigen Novembermorgen, den heimatlichen Volpertsberg wieder.

Aber welche Enttäuschung und welcher Schmerz, als er nur noch das Grab seiner geliebten Frau vorfand
und niemand ihm über den Verbleib seiner beiden Kinder berichten konnte.

Graf Walram war schon 1198 selig verblichen und fast sämtliche Freunde in der Zwischenzeit ebenfalls verstorben,
sodass er allein auf der Welt stand.
Der Gipfelpunkt seiner Leiden war erreicht, als ihn die habgierigen Verwandten wie seine Jungen vom Hofe trieben
und ihn als Lügner und Betrüger bezeichneten, der nie und nimmer der Ritter Craft sein könne.
Ihre ruchlose Behauptung erhärteten sie mit dem Meineid eines seiner treulosen Knechte,
dem sie für diese falsche Aussage einen kleinen Besitz in der Siedlung Nuwendorf im Schelderwald überließen.
Mit tränenden Augen zog der unschuldig Verfolgte davon.
Doch auf der "Weißenhöll" drehte er sich noch einmal um, und schwang drohend die Fäuste ins Monzenbachtal
und verfluchte die Menschen und den Ort.
Den Hustenbach abwärts wankte der Gebrochene nach Niederscheld, wo ihn mitleidige Menschen aufnahmen.
Kurze Zeit später ist er hier gestorben.
In der Nacht nach seinem Tode zog ein schweres Unwetter über das mittlere Dilltal in Richtung Schelderwald.
Punkt Mitternacht zuckte der erste fürchterliche Blitz hernieder, und die Erde bebte unter einem gewaltigen Donnerschlag.
Diesem ersten folgten weitere Blitze und Schläge, wie sie selbst die ältesten Leute in den umliegenden Dörfern noch nie erlebt hatten.
Das rollte, knatterte und dröhnte, schlug ein und donnerte, dass sich die Menschen ängstlich,
mit einem Gebet auf den Lippen, in die dunkelsten Ecken flüchteten.
Gleichzeitig stürzte ein unwahrscheinlicher Wolkenbruch vom Himmel und lag wie ein dichter, undurchsichtiger Schleier über der Gegend,
dass man nicht von einem Haus zum anderen sehen konnte.
Sogar die sonst so frechen Hofhunde krochen furchtsam jaulend in finstere Winkel,
während das Vieh in den Ställen wie besessen brüllte und halb irr vor Angst an den Stricken riss.

Als Tage später Schelder und Seelbacher Einwohner beim Holz holen in die Monzenbach kamen,
war das Schloss mit all seinen Bewohnern vom Erdboden verschwunden,
und nur noch kümmerliche Mauerreste zeigten an, wo es gestanden hatte.
Eben dasselbe Schicksal hatte in der gleichen Nacht, so erfuhr man später,
die Hube Nuwendorf getroffen und sie zu einer Wüstung gemacht.
Die verfluchten Plätze wurden nie wieder bebaut,
denn man sah in ihrem Untergang die Strafe des Allerhöchsten, der den Verstoß gegen das zehnte Gebot
- "Lass dich nicht gelüsten deines nächsten Hauses........" -
fürchterlich gerächt hatte.

Über alle Zeiten und Begebenheiten aber hat sich die Geschichte des Ritters Craft im Volksmund erhalten.
Denn in jedem Frühjahr blühen im Monzenbachtal ganz besonders schöne Schlüsselblumen,
wie man sie sonst nirgends in der Schelder Gemarkung findet.
Diese Blumen sollen Ableger derer sein, die einstmals in glücklichen Zeiten im Garten der Frau Guda geblüht haben.

Chronik Niederscheld


Anmerkung:
Der Monzenbach entspringt im Schelderwald (in Nähe des Wickenhain, 435 m) und strebt zunächst im westlichen,
dann im südlichen Lauf der Aar zu.
Das Monzenbachtal und die umliegenden Höhen waren in frühgeschichtlicher und mittelalterlicher Zeit von Menschen besiedelt
und ein Geschlecht leitet seinen Namen von diesem Bach ab.

Arnoldi vermerkt:
"Von Monzenbach, ein im Nassau-Dillenburgischen,
besonders im Amt Herborn und Amt Driedorf angesessenes,
aber wahrscheinlich schon im 14. Jahrhundert ausgestorbenes Geschlecht.
Ihr ausgegangener Hof gleichen Namens lag zwischen Niederscheld und Herbornseelbach".


Die Flurforschung berichtet ergänzend folgendes:
"1306 Munzinbach, Wohnplatz im Distrikt 30 und Flurlage im Distrikt 26,
der Gemarkung Herbornseelbach, gefunden wurden Wohnpodien und Mauerreste"

( Dr. M. Born, Nass. Heimatblätter 1958).

C.D. Vogel schreibt zu Monzenbach:
"Munzenbach, ausgegangenes Dorf mit einem Rittersitz,
der dem gleichnamigen von 1257 bis 1351 erscheinenden Geschlechte gehörte.
Der teutsche Orden hatte 1316 Güter und die Ganerben von Dernbach 1333 zwei Höfe hier.
1498 wird es zum letztenmal aufgeführt.
In der Nähe lag auch der verschwundene Hof Nesselgrund,
der 1578 bestand und von Graf Johann dem Ältern von Nassau 1585 der Hohen Schule zu Herborn eingeräumt wurde".