Niederschelder Sitten und Gebräuche  



  • Wenn ein Niederschelder diese Überschrift liest, wird er wohl unwillkürlich an die "Schelder Kirmes" denken,
    finden wir doch gerade hier eine Menge althergebrachter Sitten und Gebräuche.
    Kirmes allgemein (Siehe Kirmes, aktuelle Fotos und Informationen).
    Ihr Schelder, die ihr in der Ferne weilt, werdet Euch gewiss freuen, die Schelder Kirmes im Internet miterleben zu können,
    sind doch auch manche frohe Erinnerungen damit verknüpft.

  • Aus manchem Kirmespärchen wurde ein Ehepaar.
    Falls es noch ein heimliches Techtelmechtel war,
    dann wurde meist von Jahrgangskameraden im Herbst mit Zwetschenkernen
    ein "Pädchen" (Pfad) von ihrem zu seinem Haus gestreut und jeder wusste grinsend Bescheid.
    Ganz misstrauische Liebende standen darum in diesen Wochen der ziehenden "Quotscheniwwel" und des "Hoingkochens"
    morgens früh auf und beseitigten, falls vorhanden, mit dem Besen diese verräterische Spuren.

  • Das Aufgebot hat man der Allgemeinheit durch das Platzen (Knallen und Peitschen)
    vor den Häusern der Braut und des Bräutigams bekannt gemacht.
    Am Hochzeitsabend sang die Jugend dem jungen Paare das "Ehestandslied":
    Mir gefällt das Ehestandsleben besser als in Kloster gehen..........".

  • Um die Mitte des 19. Jahrhunderts bestand noch die Sitte des "Hemmens".
    Wenn ein fremder Bursche oder ein fremdes Mädchen ins Dorf einheiratete,
    wurde das Paar, wenn es von der Trauung kam , von den Burschen durch ein über die Straße gespanntes Band gehemmt,
    und erst nach Entrichtung eines Lösegeldes freigegeben.

  • Baut der vorsorgliche Hausvater seiner Familie ein eigenes Nest,
    so wird das "Aufschlagen", das Richtfest gebührend gefeiert.
    Die Frauen steuern allerlei Gaben für den Haushalt bei und werden mit Kaffee und Kuchen bewirtet.

  • Ein besonders schöner und wohl sonst seltener Brauch ist das "Neujahrssingen".
    In den Kriegsjahren 1914-18 war es eingestellt worden;
    nach dem 1. Weltkrieg wurde aber der jahrhundertealte Brauch wieder aufgenommen.
    Auf der Scheldebrücke bei der Kirche versammeln sich eine Anzahl (ältere) Männer des Dorfes.
    Mit lauter Stimme zählt einer von ihnen die zwölf Schläge vom Turm der Kirche,
    welche das neue Jahr ankündigen, mit, und zugleich mit dem zwölften Glockenschlag wird das Lied:
    "Abermal ein Jahr verflossen, näher zu der Ewigkeit......." angestimmt.
    Von einem "Stand" wandert die Sängerschar zum anderen.
    Die Reihenfolge der "Stände" und Lieder ist immer die gleiche.

  • Ein Backwerk, welches zum Jahreswechsel auf den Tisch kam,
    war das sogenannte "Naujuhrsch Lääbche", welches auch ohne Brotaufstrich gut schmeckte.
    Hier das Rezept:
    1/3 Brotmehl (½ Pfund)
    2/3 Weizenmehl (1 Pfund)
    eine Messerspitze gemahlene Nelken
    etwas Milch, sowie eine Prise Salz
    1 Würfel Hefe (42g)

  • Erhalten hat sich die Sitte des Auswürfelns von "Wurschtgiggeln" und Würstchen
    am Silvesterabend in den Schelder Wirtschaften.

  • In der Fastenzeit werden die so sehr beliebten "Fastebrezel" und "Kräppel" gebacken.


  • Erinnert sei auch an das "Kamel",
    welches unsere Schuljugend schon jahrzehntelang am Fastnachtsdienstag abends durch das Dorf ziehen lässt.
    Aus einer Leiter, Säcken und Grastücher und einem Rechen als Kopf wird das exotische Tier gebaut.
    Einige Schuljungen tragen es dann im Trampelschritt durch die Straßen, wo es von alt und Jung mit Hallo begrüßt wird.



Manche schöne Sitten und Gebräuche unserer Vorfahren suchen wir heute vergebens.
Diejenigen, die uns noch in Erinnerung sind, sollten wir weiter hegen und pflegen.


Quelle: Chronik
W. Nix, 1927
A. W. Brück 1966